Nummer 8

Nur vier Tage nach Fjörnir wurde dann Freisting vom Himnatöltari geboren. Meyla machte überhaupt keine Anstalten mir irgendwelche Anzeichen einer bevorstehenden Geburt zu zeigen. So kam ich an dem Morgen nach der Nachtschicht in den Stall und plötzlich lag dort ein kleines grau geschecktes Fohlen neben Meyla. Erstmal war ich überrascht das dort ein Fohlen lag aber noch viel mehr war ich verwirrt was die Farbe anging. Farbgenetisch war ich damals noch nicht so ganz fit aber ich war mir irgendwie total sicher das dort was erdfarbenes raus kommen müsste. Nun also Graufalbe? Wie Falbe? Wo kam das denn her? Der Vater war ein Doppelcremeschecke der wie ich später raus fand das Falbgen trug. Ok das macht Sinn also Graufalbschecke mit Cremegen, Leuchtrappfalbschecke oder auch Smokey Blackfalbschecke. Es gibt viele Bezeichnungen für diese Farbe, aber sicher war das es eine super schick gezeichnete Stute ist die groß und kräftig ist.

Sie war ein lustiges Fohlen, wusste mit zwei Jungs und spielte daher viel. Da sie Tochter der Chefin ist darf sie einfach alles, das ist nicht immer gut, denn ein wenig frech wird sie dadurch auch. Aber sie lernte schnell wo die Grenze bei den Menschen ist, typisch Stute war sie etwas eigensinniger was die Halfterführigkeit anging, aber als sie es erstmal verstanden hatte ging es super.

Da ich ja irgendwie mindestens eines der Fohlen aus 2015 verkaufen musste setzte ich Freisting ins Internet. Es haben sich viele Leute gemeldet und da dies mein erster Fohlenverkauf werden sollte musste ich mich da selber erstmal finden. Ich machte mir viel Mühe und merkte erst später welche Anfragen echt waren und wer nur "blöde" Fragen stellen wollte. Eine Person wollte Freisting dann persönlich kennen lernen. Da sie nicht so super weit weg in dem Urlaub wollte, sollte der Besuch damit verbunden werden. Aus organisatorischen Gründen klappte es dann doch nicht und ich dachte, ok dann wird das wohl nichts, keiner kauft ein Fohlen ohne es zu sehen. Vor allem wenn man nicht mal im selben Land lebt, aber ganz sollte ich das noch nicht abschreiben.

Viel Gespräche, Telefonate und auch persönliche Besuche von interessanten später, sogar einem verschickten Vertrag der dann aber nie unterschrieben wurde und dann kein Kontakt mehr kam später dachte ich mir ok, dann bleibt Freisting eben erstmal. Ich schrieb immer wieder mit der Person die damals kommen wollte, denn so richtig wollte Freisting nicht mehr aus ihrem Kopf gehen und so kam es dann doch dazu das wir viele Gespräche später und mit einer guten Einigung beiderseits, dass sie den Kaufvertrag unterschrieb. Auch wenn wir uns noch nicht persönlich kannten, hatte ich ein sehr gutes Gefühl, aber erstmal sollte Freisting noch ein paar Jahre zur Aufzucht bei mir bleiben und wenn alles gut klappen sollte, sollte Freisting noch ein Fohlen für mich bekommen bevor sie dann die große Reise antreten sollte.

Freisting hatte eine entspannte Kindheit, war immer gesund, kam immer als erste an und hatte irgendwann den Ruf als Wachhund weg. Denn jeder Mensch der neu kam wurde erstmal genau inspiziert und vor allem Schuhe sind Freisting ihre Spezialität, sie hat immer sofort gemerkt wenn man neue Schuhe hatte. Freisting ihre Besitzerin kannte ich nun auch schon persönlich, denn wir hatten uns mal bei einem meiner Besuche im Bayern getroffen und später kam sie einmal im Jahr ein paar Tage zu uns zu Besuch.

2018 wurde Freisting dann von Safír gedeckt und ich war schon sehr gespannt was die beiden Zaubern würden. Im Spätsommer 2018 hatte Freisting dann plötzlich eine Kolik mit Darmverlagerung. Recht schnell entschied ich im Absprache mit der Besitzerin im die Klinik zu fahren. Eine Kolik OP war nicht ausgeschlossen und natürlich war die Trächtigkeit nun zweitrangig, Hauptsache Freisting würde schnell wieder gesund werden. Nach einer Nacht intensiv Überwachung in der Klinik ging es ihr am nächsten Tag zum Glück schon besser. Dank Dauerinfusion und Medikamenten lagerte sich alles wieder von alleine zurück und wir kamen um eine OP herum, zum Glück! Jetzt wo sie über dem Berg war bat ich in der Klinik zu schauen ob die Trächtigkeit noch besteht und ob alles gut aussieht. Plötzlich hieß es das Freisting mit Zwillingen tragend wäre! Wie bitte? Wir hatte doch zwei mal Geschallt und es war beide Male deutlich nur ein Fohlen zu sehen... Ok also eine Woche später als Freisting wieder zuhause war noch einmal geschallt und siehe da, es ist nur ein Fohlen. Scheinbar war in der Klinik irgendein Schatten der zu Irritationen führte. Nun ja es ging ihr wieder gut und dem Baby scheinbar auch. Knapp sechs Wochen später fuhr ich wieder nach Bayern in den Urlaub, ich wollte schon früher hin hatte es aber wegen der Kolik und noch einem anderem kranken Pferd verschoben.

Es war Oktober und ungewöhnlich warm, ich konnte im T-Shirt rum laufen und hatte ein paar schöne Tage. Die Pferde waren immer super versorgt von meinem beiden Reitbeteiligungen. Als ich mich auf dem Rückweg befand klingelte mein Handy und meine Reitbeteiligung war ganz hektisch und sagte das Freisting im Teich versunken wäre. In dem Jahr war es so trocken das kein Wasser mehr in dem Ablaufteich unten auf der Weide war, er war schon immer abgezäunt und nicht zugänglich für die Pferde.

Ich versuchte sie zu beruhigen, dich während wir telefonieren merkte ich das es nicht mit Halfter drauf und raus ziehen getan ist. Es schien schlimmer zu sein. Ich bat sie mir ein Bild zu schicken damit ich überhaupt ei schätzen konnte was da los ist. Ich rief die Bauern in der Umgebung an und bat einen den ich erreichte bitte hin zu fahren und zu helfen. Als ich das Bild bekam war ich erschrocken, tatsächlich steckte das ganze Pony im vermeintlich trocken en Teich... Es guckte noch der Rücken und der Kopf raus!

Wieder klingelte mein Handy, ich selber war noch über 500km von zuhause entfernt und war vollkommen Machtlos, da wurde mir gesagt das sie nun die Feuerwehr rufen da es so nicht zu schaffen sei. Ich konnte nichts tun außer einen Tierarzt anzurufen und ihm die Lage zu schildern und ihn dort hin zu schicken. Im einem Nebensatz erwähnte ich das die Stute tragend sei, es aber nur um das Pferd geht!

Die Autofahrt kam mir unendlich vor und es waren auch noch diverse Staus vor mir, es war eben Sonntagnachmittag... Irgendwann klingelte wieder mein Handy und es kam die Entwarnung, Freisting war befreit und auf dem Weg hoch im den Stall zu weiteren tierärztlichen Versorgung. Ich war erleichtert und wollte trotzdem einfach nur noch mach Hause, hatte aber immer noch drei bis vier Stunden vor mir... Spätere Bilder der Feuerwehr und auch Aussagen der Leuten vor Ort zeigten das Freisting am Ende ihrer Kräfte war, zwischenzeitlich hatte sie schon aufgegeben und konnte nur durch reine Menschenkraft raus gezogen werden. Der Einsatz von Maschinen war an dieser Stelle nicht möglich. Als Freisting während der Infusion wieder zu Kräften kam wurde sie scheinbar wieder klar im Kopf und wurde vollkommen panisch. Da sie unten die ganze Zeit alleine war (die anderen Pferde waren oben im Paddock aus dem Weg geschafft) wurde ihr wohl plötzlich klar das sie immer noch alleine ist und sprang vor lauter Panik über die Mittelwand im Stall und überschlug sich... Zum Glück passierte dabei aber nichts und meine Reitbeteiligung reagierte schnell und geistesgegenwertig (wie schon den ganzen Nachmittag) und holte schnell Lista dazu.

Als ich abends endlich gegen 21 Uhr am Stall ankam standen Lista und Freisting gemeinsam im Stall, Lista ruhig am Heu und Freisting total müde eingedeckt und unter Rotlicht im Stroh. Die größte Sorge des Tierarztes war das Freisting jetzt noch eine Lungenentzündung bekommt denn keiner wusste am Ende ob sie Schlamm geschluckt hatte und wie lange sie wirklich schon dort drin steckte.

Aber unter starken Medikamenten und engmaschiger Kontrolle kam nichts mehr hinterher und Freisting erholte sich sehr schnell.

Zwei Wochen später ging es ihr wieder sehr gut und wir entschieden noch einmal zu schauen ob es noch ein lebendes Fohlen im Bauch gibt, ich war mir sicher das es das nicht überstanden haben konnte, aber es war munter und gut entwickelt!

So brachte Freisting also im Mai 2019 mitten in der Nacht ein gesundes, normal entwickeltes und fröhliches Hengstfohlen zur Welt. Nach all den was die beiden so durch gemacht hatten dachte ich das Freisting eine totale Übermutter werden würde, aber da lag ich falsch. Sie kümmerte sich super, keine Frage, aber wenn sie lag und schlief und der Kleine trinken wollte hatte er halt Pech und musste warten.

Nach dem das Fohlen dann abgesetzt war habe ich angefangen ein wenig mit Freisting zu arbeiten, ich wollte nicht zu viel machen. Denn jeder macht es ja auf seine Art und ich wollte ihr nicht etwas angewöhnen was ihre Besitzerin gar nicht wollte. Aber ich gewöhnte sie schon mal an das Pad und setzte mich auch ein paar mal drauf. Aber mehr als ein paar Runden Schritt reiten haben wir nicht gemacht. Sie ging sehr routiniert als Handpferd mit ins Gelände und lernte so einfach schon etwas die Welt kennen. Letztes Jahr stand dann der große Umzug in die neue Heimat an. Ich brachte sie den halben Weg bis nach NRW, da ich dort zwei Pferde aus dem Urlaub abholen musste passte es gut. Freisting ihre Besitzerin kam mit Begleitung aus der Schweiz und nahm sie in NRW entgegen. Die Reise verlief total entspannt und so wurde Freisting quasi über Nacht vom Flachländer zum Bergpony. Sie hat dort ein tolles Leben und wurde wie nicht anders zu erwarten als Tochter der Chefin bei mir, dort schnell zur Herdenchefin in der kleinen Herde. Mittlerweile ist Freisting ein tolles Reitpferd und schon bald wird es für mich endlich mal Zeit in die Schweiz zu reisen und sie dort zu besuchen.