Nummer 12

2017 gab es bei mir keine Fohlen also auch keine neuen Pferde, dachte ich. Denn dann wurden Bilder von einem in der Nacht zuvor geborenen Braunfarbwechslerschecken gepostet. Ich sah mir die Bilder an und war sofort verliebt, also schrieb ich die Züchterin an ob dieser schicke Kerl zum verkauf stehen würde. Ja er stand zum verkauf aber es gab viele Anfragen, also keine Zeit ihn erst Mal kennen zu lernen, sondern ich musste gleich entscheiden. Ich weis noch das ich auf einmal ganz aufgeregt abends auf dem Sofa saß und mich dann einfach dafür entschied. Zwei Tage später fuhr ich dann zum Islandpferdegestüt Holtdorftal um den kleinen Kjarni vom Holtdorftal kennen zu lernen. Live fand ich ihn noch viel schöner als auf den Fotos und so begann für mich eine lange Zeit des wartens, denn Kjarni musste ja nun erst mal ein halbes Jahr bei seiner Mama bleiben. Ich besuchte ihn noch zwei Mal in dieser Zeit und bekam auch Bilder geschickt. Bei seiner Fohlenmaterialprüfung konnte Kjarni überzeugen und erhielt nicht nur die Fohlenprämie sondern wurde auch noch Elitefohlen!

So war die Freude groß als er dann im November endlich zu mir kam. Ich nahm ihm das Halfter ab und stellte dann fest das er doch etwas zurückhaltend war, naja es war ja auch alles neu und er hatte ja Zeit. Gut zwei Wochen kam ich fast gar nicht an ihn ran, er hatte keine Angst aber er ging einfach weg wenn ich näher kam. Aber dann guckte er sich von den anderen ab das es doch eigentlich ganz toll ist gekrault zu werden. Von dem Zeitpunkt an war er fast der kuschligste von allen und kam immer sofort an wenn ich da war. Den ersten Sommer verbrachte er mit seinem Kumpel auf einer Sommerweide bei einer Freundin und dort entwickelte er sich sehr gut. In der Herde war er so in der Mitte hatte aber bei den Jungs eigentlich nichts zu sagen. Safír machte ihm deutlich klar das er der Boss war und nicht Kjarni, aber das war für ihn ok er war ja auch ein Jahr jünger. Im Spätsommer muss er sich irgendwie in den Zaun gewälzt haben, denn als ich in den Stall kam hatte er eine offene Fleischwunde am Hinterbein. Die Tierärtzin konnte es aber gut Nähen und er war zwar sediert aber trotzdem erstaunlich brav während sie so unter ihm saß und das Bein nähte. Leider musste er einige Zeit ruhig stehen da sonst der Verband immer runter rutschte, aber es heilte alles super ab und außer einer Narbe die man im Sommer sieht wenn man weiß wo es war, blieb nichts zurück.

Im Sommer 2019 durfte er dann ein paar meiner Stuten zum decken bekommen und machte das ganz toll. Alle Stute waren direkt tragend und Kjarni war einfach ein sehr freundlicher Hengst der nebenbei auch mit den Fohlen seiner Stuten spielte.

Auch Kjarni bereitete ich auf die Jungpferdematerialprüfung vor, er lernte schnell und war in der Arbeit deutlich sensilber als Safír. So fuhr ich mit zwei Freundinnen und Kjarni an Board los und da es an dem Tag regnete wurde die Veranstaltung in die Halle verlegt. Kjarni stieg sehr brav in den Transporter und war vor Ort sehr ruhig und wartete auf seinen Einsatz. Da die Halle auf dem Nachbarhof des eigentlichen Veranstalters war mussten wir die Straße runter zu Fuß gehen und Kjarni ging neugierig aber sehr ruhig mit mir mit. Er benahm sich sehr gut und zeigte sich auch schön, leider hat er einen sehr passiegen Schritt was ihm am ende wohl den letzten 0,01 Punkt zur sicheren Körnote kostete. Ich ärgerte mich etwas darüber, war aber auf Kjarni sehr stolz. Zuhause durfte er nun erst mal den Winter mit Safír zusammen verbringen ehe es zur Körungsvorbereitung ging. Nach dem ich mit Safír im Jahr zuvor ja nicht so erfolgreich war wollte ich Kjarni eigentlich gerne von einem Profi vorstellen lassen, aber leider ließ sich niemand so richtig finden. Also musste ich es doch wieder alleine versuchen. Die Vorbereitung lief auch ganz gut, wir fanden endlich etwas Trab den Kjarni bis dahin noch sehr spärlich zeigte und auch der Schritt wurde besser. Tja aber am Ende war irgendwie die Luft raus, Kjarni war durch die Vorbereitung etwas zu brav und zu entspannt geworden. Er zeigte sich einfach zu nett, machte alles mit aber es fehlte einfach der Ausdruck. Ich beschloss Kjarni noch mal einen Sommer weg zu stellen und es dann noch einmal zu versuchen. Er ging wieder auf die Sommerkoppel, wo er als Jährling schon mal war. Und während er nicht Zuhause war traf ich einige Entscheidungen die dazu führten das ich Kjarni zum verkauf anbot. Ich dachte nicht das sie jemand findet und wenn er am Ende des Sommers noch nicht verkauft wäre käme er wieder nach Hause und würde auch bleiben. Aber die Anzeige war grade mal eine Woche Online als sich eine junge Frau meldete. Wir verabredeten uns auf der Weide und guckten Kjarni an, eine Woche später war er verkauft und wurde abgeholt. Irgendwie war ich plötzlich überrumpelt wie schnell nun alles ging und das schien Kjarni gespürt zu haben. Denn Kjarni stieg bis dahin immer problemlos in den Hänger, so hatte ich ihn auch alleine zur Körung und zur Sommerweide gefahren. Aber an dem Tag wollte er nicht, mit etwas Überzeugung und schieben stieg er dann aber ein und fuhr davon. Als ich dem Hänger nachschaute musste ich plötzlich anfangen zu weinen, das hatte ich bisher noch nie wenn ein Pferd verkauft wurde und geschah auch danach nicht wieder... Ich zweifelte ob das grade richtig war, warum ich mich dazu endschieden hatte und und und.

Heute kann ich aber sagen das er mir zwar immer noch fehlt und ich ihn gerne hier hätte, aber das die Endscheidung richtig war. Denn nicht nur das er ein tolles Zuhause hat, wo er sehr geschätzt wird sondern ich bin mir auch sicher das er und Safír heute nicht mehr so friedlich zusammen leben könnten. Also alles richtig gemacht, denn für zwei einzelne Hengste hätte ich gar keinen Platz.